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Mikwe im Schreiberhaus


Das nach dem Hausnamen seiner letzten Besitzer benannte „Schreiberhaus“ ist Neumarkts ältestes Bürgerhaus und stammt aus dem Jahr 1430. Im gotischen Stil erbaut, wurde es in der Renaissance (1610) und im Spätbarock (um 1770) mehrfach grundlegend umgebaut. Das Fachwerkhaus im Herzen der Altstadt war ernstlich vom Verfall bedroht, bevor die Stadt Neumarkt es von Grund auf restaurieren ließ. Eine Sensation während der Sanierung war die Entdeckung einer jüdischen Mikwe (=rituelles Tauchbad) aus dem 15. Jahrhundert in einem verschütteten Keller, die freigelegt und somit erhalten werden konnte. Heute gilt das Schreiberhaus, das den Historischen Verein, die Altstadtfreunde und die Chevaulegers beherbergt, als Musterbeispiel für qualitativ hochwertige Denkmalsanierung und für zeitgemäße Nutzung.

Virtueller Stadtrundgang mit Gästeführerin Monika Kaksch

Neumarkter Gästeführerin Monika Kaksch
Die Neumarkter Mikwe – das große Geheimnis

Bei den Renovierungsarbeiten des Schreiberhauses 2006/2007 entdeckte man im Keller eine zugeschüttete Mikwe (früher "Judenbad", im Judentum "Tauchbad"). Das Wasser in solch einer Mikwe dient nicht nur der körperlichen Hygiene, sondern auch der Reinigung von ritueller Unreinheit durch vollständiges Untertauchen. Rituell unrein gelten nach jüdischer Tradition z.B. Tote, aber auch gewisse "Körperflüssigkeiten" verursachen Unreinheit.

Bei der rituellen Reinigung darf nichts Fremdes am Körper sein, jegliche Art von Bekleidung, Schmuck, Lippenstift, Nagellack ist vor dem Baden abzulegen. Der gesamte Körper einschließlich der Haare muss untergetaucht werden.

Frauenbesuch war nur Verheirateten nach Menstruation oder Entbindung möglich oder als Braut am Vorabend des Hochzeitstages.

Die Errichtung dieser Privatmikwe im Keller des Schreiberhauses er-folgte wahrscheinlich Mitte des 15. Jahrhunderts - es gibt nichts Schriftliches - durch eine reiche jüdische Familie oder einen Sofer. Ein Sofer ist ein Schreiber religiöser Schriften, ein Thora-Schreiber. Er ist verpflichtet, sich durch Untertauchen in der Mikwe in einen Zustand vollständiger ritueller Reinheit zu versetzen, bevor er Gottes Namen in eine Thorarolle schreibt.

Sieben Stufen führen hinab zum Wasser. Das Mindestfassungsvermögen beträgt etwas mehr als 500 Liter. Das Wasser muss "lebendiges Wasser" sein, d.h. Grundwasser. Die Neumarkter Mikwe befindet sich auf der Höhe des lokalen Grundwasserspiegels. Sie wurde wahrscheinlich im 16., spätestens Anfang des 17. Jahrhunderts zugeschüttet und war bis 2006/2007 verschollen.

Niemand wusste vor der Renovierung des Schreiberhauses davon, man findet keine Namen, keine Aufzeichnungen, keine Notizen.