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Kriegsgräberstätte


   

Virtueller Stadtrundgang mit Gästeführerin Gabriele Cramer

Neumarkter Gästeführerin Gabriele Cramer
Kriegsgräberstätte Föhrenweg

Ich wohne im Föhrenweg, an dessen Ende, in der Nähe der Pelchenhofer Straße, die Kriegsgräberstätte liegt. Eingerahmt von Ein- und Zweifamilienhäusern mit kleinen gepflegten Vorgärten! Lange Zeit bin ich hier jeden Tag vorbeigefahren und habe diese Gedenkstätte rechts oder links liegen lassen. Aber eines Tages halte ich an, steige aus und gehe durch das kleine schmiedeeiserne Tor hindurch. Mit einem ehrfurchtsvollen, aber auch beklommenen Gefühl. Ich lese auf den Tafeln die Geschichte des Friedhofs und was es mit diesem Ort auf sich hat. Im 2. Weltkrieg, 1942, errichteten die Nationalsozialisten in Wolfstein ein Lager, in dem im Laufe der Kriegsjahre ca.128.000 verschleppte Menschen als Zwangsarbeiter untergebracht waren. Hier wurden sie nach Entlausungs- und Säuberungsaktionen in die ansässigen Industriebetriebe weitergeleitet. Sie kamen aus Russland, Polen, Jugoslawien und Rumänien. Ihre Lebensbedingungen waren menschenunwürdig und viele von ihnen starben an Epidemien oder an Unterernährung. Beerdigt wurden sie auf den umliegenden Friedhöfen. Am Ende des Krieges zählte man 1192 Tote, aber bis zur Auflösung des Lagers im August 1949 kamen weitere Tote hinzu. Die ersten Umbettungen auf den Friedhof am Föhrenweg begannen Mitte der 1950er Jahre. Die Bayerische Staatsregierung beschloss in dieser Zeit, zusammen mit der Stadt Neumarkt und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V, die Grabanlage am Föhrenweg zu einer Sammelanlage auszubauen. Es waren ausländische Kriegstote aus beiden Weltkriegen, die aus Feldgräbern und provisorischen Grablagen aus mehr als 300 bayerischen Gemeinden verlegt wurden. Heute ruhen hier 5045 ausländische Kriegsopfer, darunter 3373 sowjetische Frauen, Kinder und Männer. Ich trete durch das Tor, und vor mir liegt ein wunderschöner, parkähnlicher Platz. Mein erster Impuls lässt mich stehen bleiben: Der Friede, der über diesem Ort liegt, ist spürbar. Mir ist, als könnte ich ihn anfassen. Ich gehe langsam weiter, vorbei an den Grabplatten mit den Namen und Geburtsdaten derer, die hier ruhen. Ich setze mich auf eine Bank und nehme diesen Ort des Schicksals wahr. Für mich hat er etwas Mystisches, vielleicht weil er sich mitten in diesem Wohngebiet befindet. Aber auch etwas Magisches, denn man verlässt den verkehrsreichen Föhrenweg und ist in einer anderen Welt. Zeitlich, räumlich und mental. Ein guter Platz, um sich zu erden. Versuchen Sie es einmal.